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Telefonakquise im B2B – Was ist verboten, was erlaubt?

Eines der am heißesten diskutierten Themen im Dialogmarketing ist sicher die Frage, was in diesem Bereich erlaubt ist oder nicht. Nachdem die Werbung per E-Mail und/oder Telefax ohne Einwilligung im Rahmen der Kaltakquise verboten ist, liegt das Hauptaugenmerk dieser inhaltlichen Auseinandersetzung im Bereich Telefonakquise.

Doch was ist überhaupt Kaltakquise? Der Duden definiert diese als Akquise, die durch eine (hier: telefonische) Kontaktaufnahme ohne vorherige Geschäftsbeziehung oder vorherige Einwilligung des potenziellen Kunden erfolgt, wobei man unter Akquise sämtliche Maßnahmen der Kundengewinnung versteht. Kurz gesagt: Wir rufen im Rahmen von Telefonakquise ungefragt einen Kunden an, der vorher noch kein Kunde war.

Wie ist die Rechtslage? Ist telefonische Kaltakquise in Deutschland überhaupt erlaubt?

Man muss zunächst unterscheiden zwischen so genannten Cold Calls bei Unternehmern und Verbrauchern. Bei Verbrauchern gilt: Kaltakquise per Telefon ist ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung immer verboten! Bei Unternehmern kann Telefonwerbung ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung erlaubt sein, wenn zumindest eine mutmaßliche Einwilligung vorliegt.

Was ist eine mutmaßliche Einwilligung für Telefonakquise?

Die Rechtsprechung hat hierzu eine Vielzahl von Kriterien aufgestellt, die natürlich immer im Einzelfall zu sehen sind und schwer pauschal bewertet werden können. Der BGH (BGH GRUR 2008, 189 – Suchmaschineneintrag) hat hierzu im Zusammenhang mit einem Klassiker (kostenloser Eintrag bei einer Suchmaschine und telefonische Werbung für kostenpflichtiges Upgrade) zum Beispiel ausgeführt:

Ein unaufgeforderter Anruf bei einem Gewerbetreibenden zu Werbezwecken kann als eine wettbewerbswidrige unzumutbare Belästigung zu beurteilen sein, wenn der Anrufer zuvor nicht annehmen durfte, der Anzurufende werde mit dem Anruf, so wie er geplant war, einverstanden sein. Der kostenlose Eintrag eines Gewerbetreibenden im Verzeichnis einer Internetsuchmaschine, die nur eine unter einer Vielzahl gleichartiger Suchmaschinen ist, rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme, der Gewerbetreibende werde mit einem Anruf zur Überprüfung des über ihn eingespeicherten Datenbestandes einverstanden sein, wenn der telefonische Weg gewählt wurde, um zugleich das Angebot einer entgeltlichen Leistung (hier: der Umwandlung des kostenlosen Eintrags in einen erweiterten und entgeltlichen Eintrag) zu unterbreiten.

Auf gut deutsch: Nur weil man sich im kostenlosen Bereich einer Internetsuchmaschine angemeldet hat, will man nicht automatisch einen Anruf mit der Frage, ob man einen kostenpflichtigen Eintrag möchte, bekommen!

Auch nicht ausreichend ist ein bloß allgemeiner Sachbezug zum Geschäftsbetrieb des Anzurufenden (BGH, Urteil v. 24.01.1991, Az. I ZR 133/89) oder die Tatsache, dass ein Unternehmer seine Daten in den Gelben Seiten eingetragen hat.

Vielmehr muss ein konkreter, aus dem Interessenbereich des Anrufempfängers herzuleitender Grund vorliegen, der den Werbeanruf rechtfertigen könnte (BGH GRUR 2001, 1181, 1183 – Telefonwerbung für Blindenwaren). Es reicht noch nicht einmal aus, dass der Anrufer von einem aktuellen oder konkreten Bedarf für die angebotene oder nachgefragte Ware oder Dienstleistung ausgehen darf. Es muss zusätzlich noch hinzukommen, dass der Angerufene mutmaßlich auch damit einverstanden ist, dass er gerade telefonisch kontaktiert wird.

Für eine Annahme, dass der Anrufempfänger auch gerade mit einem Anruf einverstanden sein könnte, sprechen unter anderem verschiedene Kriterien, welche aber immer im Einzelfall zu bewerten sind:

  • Vorhandensein einer bereits bestehenden Geschäftsbeziehung
  • Vorheriger Kontakt (zum Beispiel auf Messen) und Austausch von Visitenkarten zum Zwecke der Kontaktaufnahme
  • Branchenüblichkeit (zum Beispiel Anruf des Möbelherstellers beim Zwischenhändler)

Wie muss ich also vorgehen?

Wie oben aufgezeigt ist die Kaltakquise durchaus mit Risiken behaftet. Es gilt also entsprechend vorzusorgen. Vor der telefonischen Kontaktaufnahme sollte entsprechend wie folgt geprüft werden:

Hat die Person, die ich zum Zwecke der Werbung anrufen möchte, tatsächlich ein konkretes Interesse an meinem Produkt/meiner Dienstleistung?
Ist die Person auch mutmaßlich einverstanden, dass ich sie deswegen anrufe?

Falls die Prüfung positiv ist, sollten dennoch bei einem Anruf unbedingt Notizen gemacht werden, mit wem man wann gesprochen hat und im Idealfall auch nachgefragt werden, ob man eventuell auch nochmal anrufen darf. Auch das sollte unbedingt entsprechend notiert werden. Achtung! Der Unternehmensinhaber/die Unternehmensinhaberin selbst kann nicht Zeuge in einem Prozess sein. Es ist also ratsam, lieber eine Mitarbeiterin/einen Mitarbeiter entsprechende Anrufe durchführen und dokumentieren zu lassen. In jedem Fall muss auch geprüft werden, ob unter Datenschutzgesichtspunkten Belehrungen erforderlich sind.

Was kann passieren?

Generell werden Anrufe zum Zwecke der Kaltakquise im unternehmerischen Bereich oft geduldet, auch wenn sie rechtswidrig sind oder sich zumindest in einem gewissen Graubereich bewegen. Nichtsdestotrotz drohen, wenn jemand sich tatsächlich belästigt fühlt, Abmahnungen, die schnell einige hundert Euro kosten sowie Unterlassungserklärungen, die im schlimmsten Fall zu einer Lahmlegung künftiger Kaltakquisetätigkeiten führen können. Es gilt also immer Vorsicht zu wahren!

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Geschrieben von Holger Loos

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Holger Loos ist ein IT- und Medienrechtler der ersten Stunden. Er war einer der ersten Fachanwälte für IT-Recht in Nord-Bayern und zählt heute zu den Internetrechts-Experten in Deutschland. Er unterrichtet als Dozent an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg an der Schnittstelle Marketing/Recht, an der IHK Schweinfurt-Würzburg unter anderem zu Medienrecht und ist gefragter Speaker, Autor und Interviewpartner zu Themen rund um IT-Recht/Medienrecht.

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