Stellen Sie sich vor, Sie wollen Ihren Arbeitgeber von einer Gehaltserhöhung überzeugen. Welche Einflussfaktoren spielen dabei eine Rolle? Es sind einerseits logisch-kognitive, andererseits persönlich-emotive Prozesse, die den Gesprächspartner beeinflussen und überzeugen. Mit den folgenden Tipps und etwas Übung können Sie zukünftig wichtige Gesprächssituationen noch überzeugender führen.
1) Ergründen Sie die Motive Ihres Gegenübers
Zwar werden Argumentationen auf der Meinungsebene ausgetragen, doch liegt jedem Argument ein Motiv zugrunde. Dieses gilt es durch Nachfragen in Erfahrung zu bringen. Wenn Sie das Motiv Ihres Gegenübers kennen, können Sie darauf eingehen. Sie können ihre Argumentation so auslegen, dass sowohl Ihr eigenes Motiv, als auch das Ihres Gegenübers befriedigt wird.
Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen beispielsweise die von Ihnen geforderte Gehaltserhöhung nicht zusichern möchte, kann dieser Entscheidung ein finanzielles Motiv, auch aber ein persönliches oder pädagogisches zugrunde liegen. Möglicherweise hat Ihr Arbeitgeber die finanziellen Mittel, ist aber mit Ihren Arbeitsergebnissen nicht immer zufrieden. Wenn Sie diese Motive erkennen, können Sie gezielt darauf eingehen und bei dem Gespräch das Bestmögliche herausholen.
2) Erst fragen, dann argumentieren
Um das Motiv Ihres Gesprächspartners in Erfahrung zu bringen eignen sich die allgemein bekannten offenen Fragen (Wer? Was? Wann? Wo? Warum? Wie? Wozu?).
Die Gegenfrage ist dabei diejenige, die in Argumentationsprozessen besonders erfolgsversprechend ist. Sie fordert vom Gegenüber, die vorangegangene Aussage zu konkretisieren und zu präzisieren. Meist wird sie durch die Worte ‚Wie meinen Sie das genau?’ ausgedrückt.
Wenn Sie die Frage nicht nur offen stellen, sondern zu einer Nutzen-Frage umwandeln, kann dies die Bereitschaft Ihres Gegenübers erhöhen, genauer und ehrlicher auf Ihre Frage einzugehen.
Bei einer Gehaltserhöhung könnte eine solche Frage lauten: ‚Könnten Sie sich vorstellen mir in regelmäßigen Abständen ein Feedbackgespräch anzubieten? Dann können Sie zeitnah Verbesserungsvorschläge anbringen, die ich gerne umsetze.’
Eine zweite für die Argumentation nützliche Fragetechnik ist die Paraphrasierung. Dabei geben Sie das soeben von Ihrem Gegenüber gehörte sinngemäß in eigenen Worten wieder. Sie bringt zwei Vorteile mit sich: Erstens können Sie sich darüber versichern, dass Sie das Gehörte richtig verstanden haben. Und zweitens können Sie sich Zeit verschaffen, um über ihren nächsten Kommunikationsschritt nachzudenken.
3) Finden Sie Argumente
Für eine breite und umfassende Argumentation müssen unterschiedliche Motive herangezogen werden. Das ETHOS-Prinzip weist durch seine Buchstaben auf fünf mögliche Motive hin, die bei der Suche nach Argumenten herangezogen werden können: economical, technical, human, organisational und social. Wechseln Sie Ihre Perspektive und denken Sie in den Kategorien eines Kaufmanns, Technikers, Psychologen, Projektmanagers und Soziologen.
Umfassender betrachtet können Argumente entweder aus der Person (Familie, Beruf, Charakter, Körper, Gesellschaft) oder aus der Sache (Fortschritt, Geld, Einfluss, Natur, Moral, höhere Prinzipien, subjektive Werte) entstehen.
4) Bilden Sie stichhaltige Argumente
Ein stichhaltiges Argument besteht aus zwei Prämissen und einer Schlussfolgerung. Für das berühmte Beispiel, dass Sokrates sterblich sei, bedarf es also zweier Prämissen: Erstens ist Sokrates ein Mensch und zweitens sind alle Menschen sterblich. Dabei stellt die erste Prämisse eine Tatsache dar. Die zweite Prämisse ist eine allgemeine Regel. In der Alltagskommunikation wird diese allgemeine Regel meist unterbunden. Sie ist allerdings grundlegend für die Schlussfolgerung. Erwähnen Sie daher für eine stichhaltige Argumentation stets die allgemeine Regel.
Wenn Sie sich dieses Schema zunutze machen, wird nicht nur Ihre eigene Argumentation an Stichhaltigkeit gewinnen. Auch das Angreifen und Zerlegen von Argumenten des Gegenübers wird Ihnen um einiges leichter fallen.
5) Ordnen Sie Ihre Argumente an
In einem Kommunikationsprozess geraten meist nicht nur Argument und Gegenargument aneinander, sondern gleich mehrere Argumente beziehungsweise Gegenargumente – oft handelt es sich dabei auch um Neben- oder Unterargumente, die auf das Hauptargument hinzielen. Für eine zielführende Kommunikation ist es wichtig, die Argumente zu gliedern, so dass der Zuhörer der Argumentation leicht folgen kann. Indem Sie anfangs auf die Anzahl der Argumente hinweisen und die Argumente mit Zahlen versehen (erstes, zweites, drittes Argument), können Sie die Aufmerksamkeit des Zuhörers steigern. Durch bestimmte Ordnungsschemata können Argumente so angeordnet werden, dass sie ihre Wirkung bestmöglich entfalten. Das Hauptargument sollte dabei stets am Anfang oder am Ende der Argumentation stehen. Drei Muster haben sich dabei als erfolgsversprechend erwiesen: Die lineare, die dialektische und die kausale Argumentationsstruktur. Erstere beschreibt aufeinander folgende Argumente für oder gegen eine Sache. Bei der dialektischen Argumentationsstruktur werden im Wechselspiel befürwortende und ablehnende Argumente vorgebracht und eine kausale baut auf dem Wenn-Dann-Prinzip auf.
In der Argumentation um die Gehaltserhöhung könnte eine kausale Argumentationsstruktur folgendermaßen aussehen: ‚Wenn Sie die Gehaltserhöhung bewilligen, muss ich mir keine Gedanken mehr über meine finanzielle Lage machen. Ich kann mich dann voll und ganz auf die Arbeit konzentrieren. Wenn ich mit den Gedanken wieder ganz bei der Arbeit sein kann, werde ich meine Leistungskraft weiterhin steigern können.’
6) Bediene Sie die Beziehungsebene
Die Selbstpräsentation ist neben der Argumentation wesentlicher Faktor einer überzeugenden Kommunikation. Indem Sie die Beziehungsebene bedienen, beeinflussen Sie die Gefühle Ihres Gesprächspartners. Wenn Sie durch die folgenden Techniken Wohlwollen im Gegenüber erzeugen, ist dieser leichter zu beeinflussen.
7) Hören Sie aktiv zu
Durch aktives Zuhören signalisiert der Hörer dem Sprecher sein Interesse, die Beziehungsebene wird bedient. Vertrauen kann aufgebaut, Empathie und Sympathie gefördert werden. Aktives Zuhören äußert sich sowohl verbal (durch Paraphrasieren oder Bestätigungslaute wie ‚mhm’) als auch nonverbal (Kopfnicken, Augenkontakt).
8) Spiegeln Sie Ihr Gegenüber
Eine weitere, subtiler wirkende Taktik der persönlich-emotiven Ebene ist das Spiegeln.
Im wahrsten Sinne des Wortes geht es dabei um das Spiegeln des Gesprächspartners, also um das Angleichen von Körpersprache und Verhalten (Gestik, Sprache, Kleidung, Auswahl einer Speise im Restaurant, Zeitpunkt des Trinkens). Durch bewusstes, taktisches Spiegeln kann dem Gegenüber Zustimmung zugesichert und dadurch sein Wohlwollen erlangt werden. Achten Sie jedoch darauf, Ihr Gegenüber nicht plump nachzuäffen. Sie sollten sich daher beim Spiegeln der Körpersprache etwas Zeit mit der Nachahmung lassen.
Passen Sie während des Gesprächs um die Gehaltserhöhung Ihre Körpersprache der des Arbeitgebers an und nehmen Sie beispielsweise die gleiche Haltung ein. Auch sprachlich und stimmlich können Sie Ihren Arbeitgeber spiegeln, indem Sie Sprechgeschwindigkeit und semantische Muster adaptieren.
9) Bauen Sie verbale Streichler ein
Ebenfalls lohnend für das Bedienen der Beziehungsebene sind verbale Streichler, also kurzes, integriertes Lob. Wenn Ihr Gesprächspartner verbale Bestätigung erfährt, wird er wohlwollender gestimmt.
Integrieren Sie beispielsweise ein kurzes Lob, indem Sie Ihrem Arbeitgeber signalisieren, dass er Sie schon einmal unterstützt hat und Ihnen dadurch sehr geholfen hat: ‚Dass Sie mich letztes Jahr unterstützt haben, als ich einen finanziellen Engpass hatte, rechne ich Ihnen hoch an.’
10) Geben Sie etwas preis
Das Offenbaren von persönlichen Informationen in einer argumentativen Situation führt zu einem weniger aggressiven Verhalten des Gesprächspartners. Das sogenannte info-dropping beschreibt die verbale, strategische Selbstoffenbarung. Erwähnen Sie scheinbar am Rande persönliche Informationen über Hobbies und Interessen. Ihr Gesprächspartner meint dann, Sie besser zu kennen und wird im weiteren Verlauf des Gesprächs wohlwollender reagieren. Eigene Fehler und Schwächen einzugestehen sowie der Einblick in vermeintlich wichtige Dokumente zählt ebenfalls zur strategischen Selbstoffenbarung.
Durch diese Techniken werden Sie wichtige Gespräche zielführend beeinflussen.